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Medienwächter prüfen, ob Sat.1 noch ein Vollprogramm ist

Verfasst: 17. Juli 2007 17:30
von techno-com
[ha] Berlin/München - Die Einstellung der Boulevard-Magazine "Sat.1 am Mittag" und "Sat.1 am Abend" aus Kostengründen wird die Medienaufsicht beschäftigen.

Die für Sat.1 zuständige Landesanstalt für Medien und Kommunikation Rheinland Pfalz (LMK) will den Vorgang genau daraufhin überprüfen, ob der Sender noch die Voraussetzungen für ein Vollprogramm erfüllt. LMK-Abteilungsleiter Rolf Platho wies allerdings am Dienstag darauf hin, dass es rechtlich noch nicht geklärt sei, wie groß der Informationsanteil eines Vollprogramms sein müsse. Auch sei nicht klar definiert, was genau unter einer Informationssendung zu verstehen sei.

Auf der Hauptversammlung des Konzerns ProSiebenSat.1, zu dem der Berliner Sender gehört, war am Dienstag in München bestätigt worden, dass als Teil einer Kostensenkungsaktion die beiden Sat.1-Magazine eingestellt und 54 Beschäftigte ihren Arbeitsplatz verlieren werden. Die beiden Sendungen wurden am Montag zum letzten Mal ausgestrahlt.

Auch die vom Nachrichtensender N24 produzierten Nacht-News werden Ende August eingestellt. Insgesamt will der Konzern in Berlin 100 Arbeitsplätze und in München 80 abbauen. Trotz dieser Streichungen sollen die Hauptnachrichten "Sat.1 News" um 18.30 Uhr "unangetastet bleiben", versicherte Unternehmenssprecherin Kristina Faßler. Es gebe in diesem Bereich "keine Überlegungen".

Allerdings scheint es fraglich, ob Moderator Thomas Kausch (44) auf seinen Posten zurückkehrt. Kausch sei vom Sender "nicht beurlaubt", er befinde sich aber "faktisch im Urlaub". Faßler bestätigte auf Anfrage, dass Kausch einen Tag vor Antritt seines Urlaubs sein Büro geräumt habe. Kommentieren könne sie dies nicht.

Als der damalige Sat.1-Geschäftsführer Roger Schawinski 2004 Kausch vom ZDF zu Sat.1 holte, kündigte er eine Nachrichtenoffensive an, mit der ein "ernsthafter Wettbewerb" mit dem Konkurrenten RTL aufgenommen werden sollte. Die Einschaltquoten blieben jedoch deutlich hinter denen der RTL-Nachrichten zurück.

Als Ersatz für "Sat.1 am Mittag" (11 bis 12 Uhr) sollen zunächst Folgen der Gerichtsshow "Richterin Barbara Salesch" als Wiederholungen ausgestrahlt werden. Statt "Sat.1 am Abend" (17.30 bis 18 Uhr) zeigt der Sender Folgen der Ermittlerserie "Niedrig und Kuhnt". Sat.1-Geschäftsführer Matthias Alberti betonte, dass die Regionalfenster von 17.30 Uhr bis 18 Uhr, die in allen westdeutschen Bundesländern außer Baden-Württemberg und dem Saarland ausgestrahlt werden müssen, schon aus medienrechtlichen Gründen nicht in Frage gestellt seien.

Kritik an den Programmkürzungen kamen schon vor Bekanntgabe der Entscheidung von Journalistengewerkschaften und Medienpolitikern. Der stellvertretende ver.di-Vorsitzende Frank Warneke sprach von einem "medienpolitischen Skandal" und einer erschreckenden "Heuschreckenlogik" der neuen Eigentümer des Konzerns. Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) wandte sich gegen den geplanten Stellenabbau "aus puren Renditeerwägungen".

Die Bundestagsabgeordneten Wolfgang Börnsen und Reinhard Grindel (beide CDU) und Grietje Bettin (Grüne) kritisierten die Rolle der ProSiebenSat.1-Eigentümer KKR und Permira. Diese bestätigten durch ihr Verhalten "das Vorurteil, dass Fernsehen für sie ein reines Wirtschafts- und nicht auch Kulturgut ist", erklärten Börnsen und Grindel. (dpa)


Quelle: http://www.digitalfernsehen.de vom 17.7.07