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Behörde: Pay-Sender Premiere/Sky hatte Abozahlen geschönt

Verfasst: 6. Dezember 2010 08:17
von techno-com
Behörde: Pay-Sender Premiere/Sky hatte Abonnentenzahlen geschönt

Jetzt hat es der Münchner Pay-TV-Sender Premiere bzw. dessen Rechtsnachfolger Sky Deutschland schwarz auf weiß: Im Rahmen einer Prüfung hat die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) festgestellt, dass unter anderem die Abonnentenzahlen vor drei Jahren geschönt waren. Der Konzern will die Beanstandungen nun gerichtlich überprüfen lassen.

Die BaFin gelangte einer Adhoc-Mitteilung am späten Montagabend zufolge zur Einschätzung, dass die Angabe der zahlenden Haushalte von Premiere in der Bilanz 2007 um rund 623.000 zu hoch ausgewiesen wurden.

Der von News Corp. inthronisierte Sky-Vorstandschef Mark Williams hatte Ende 2008 in einer beispiellosen Aktion die Anzahl der Abonnenten um fast eine Million vermeintliche Kunden bereinigt, der Aktienkurs brach im Anschluss dramatisch ein. Seine Vorgänger Georg Kofler und Michael Börnicke hatten sich mehrfach gegen die Darstellung gewehrt, wonach der Abonnentenstamm künstlich aufgeblasen worden sei.

Die Bafin kritisierte mit ihren Anwürfen aber nicht nur die aus ihrer Sicht zu groß geratene Abonnentenschar: In der Bilanz 2007 sei außerdem nicht über den Umfang der Gegenleistung für den Erwerb der Bundesliga-Sublizenz vom damaligen Pay-Plattform-Betreiber Arena bestehend aus Zahlungen in Höhe von 335 Millionen Euro und 16,4 Millionen Aktien informiert worden, hieß es.

Darüber hinaus seien Risiken im Zusammenhang mit dem geplanten Erwerb der Bundesligarechte für die Spielzeiten 2009/2010 bis 2011/2012 im Jahr 2008 nicht ausreichend beurteilt und erläutert worden, monierte die Behörde. Es wäre notwendig gewesen, die möglichen Auswirkungen eines Fehlschlags des Rechteerwerbs oder einer Beschränkung der Exklusivität der Bundesligarechte auf die Lage der Gesellschaft darzustellen.

Im Konzernabschluss zum 31. Dezember 2007 und im Halbjahresfinanzbericht zum 30. Juni 2008 sei zudem der Geschäfts- oder Firmenwert um 248,4 Millionen bzw. 251,9 Millionen zu hoch angesetzt worden, schreibt die Bafin. Die Premiere AG hätte damals den Erwerb der Sublizenz der Bundesligarechte von Arena, einer tochter des Kabelnetzers Unitymedia und den damit im Zusammenhang stehenden Erwerb bestimmter Vermögensgegenstände, sowie die Übernahme von Verträgen und einigen Angestellten nicht als Unternehmenszusammenschluss verbuchen dürfen.

Sky will klagen - Risiken drohen

Im Halbjahresfinanzbericht zum Mitte 2008 war nach Auffassung der Behörde die Ertragslage um mindestens zehn Millionen Eurio zu hoch angegeben worden. Premiere hatte 2005 ein Paket von Free- und Pay-TV-Sportübertragungsrechten für die Fußball Weltmeisterschaft 2010 vom Weltfußballverband FIFA erworben und 2008 einen Teil der Free-TV-Sportübertragungsrechte weiterveräußert.

Sky hatte nach Auffassung der Bafin die Anschaffungskosten unzutreffend auf die Free- und Pay-TV-Sportübertragungsrechte aufgeteilt, wodurch ein zu niedriger Anteil der Anschaffungskosten den ausgewiesenen Umsatzerlösen als Aufwand zugeordnet worden sei.

Der Pay-Konzern betonte am Abend, dass die Bafin-Anwürfe zwar keine direkten bilanziellen Auswirkungen hätten. Gleichwohl droht Ungemach: Der Anbieter hält die Feststellungen für unzutreffend, will das ganze nun juristisch überprüfen lassen. Verliert der Konzern die Auseinandersetzung, könnten Bußgelder verhängt werden und zudem Schadensersatzansprüche von Dritten geltend gemacht werden. Wie hoch diese ausfallen, ist unklar.

Der seit Tagen aufstrebende Aktienkurs - am Montag erreichte das Papier kurzzeitig die Marke von 1,60 Euro - dürfte zunächst eine größere Delle davontragen. Im nachbörslichen Handel stürzte das Papier um fast 12 Prozent auf 1,38 Euro ab (Stand: 23.00 Uhr). Die Bafin sitzt in Bonn sowie am Finanzplatz Frankfurt und ist dem Bundesfinanzministerium unterstellt.


Quelle: sat+kabel