Mit Verzögerung mein Senf zu diesem Thema.
Carlsef hat geschrieben:Ich möchte gerne wissen ob ich eine vorhandene 16 mm2 Erdungsleitung auftrennen darf, um dort eine zweite mit 16qmm anschließen zu können?
Hintergrund ist ein alter geerdeter terrestrischer Antennenmast auf der nördlichen Dachfläche und ein neu geplanter Mast auf der südlichen Dachfläche für eine Satellitenschüssel. Für diese würde der kürzeste Weg zum Erdungs-Hausanschluß das bereits vorhandene 16 qmm Blitzschutzkabel sowieso kreuzen.
Frei nach Radio Eriwan lautet die Antwort
Im Prinzip ja aber unter Beachtung folgender Punkte:
- Schnittstellen sind potenzielle Sollbruchstellen und möglichst zu vermeiden, siehe Bauteilbeispiel im Anhang
- Eine Kette ist nur so stark wie das schwächste Glied, 16 mm² Cu übersteht - vorbehaltlich dafür ausgelegter Verbinder - auch einen Direkteinschlag mit sehr seltenen 200 kA
- Bei weniger als 3 Ableitungen müssen die Verbinder für die jeweils verendete Kombination von Drähten und Rohren nach Prüfnorm Klasse H = 100 kA entsprechend der Blitzschutzklasse für normale Wohngebäude zertifiziert sein
- Ist der Erdungsleiter an einer früher Potenzialausgleichsschiene genannten Haupterdungsschiene angeschlossen, muss diese für Blitzschutzpotenzialausgleich konzipiert und ebenfalls für 100 kA zertifiziert und mit einem normkonformen Erder vom Typ A oder B verbunden sein
- Da ein Beschluss von 2012 im zuständigen deutschen Normengremium Außenableitung ohne gefährliche Näherungen vorzuschreiben nicht in die IEC 60728-11 eingeflossen ist, bleibt es dem nur selten vorhandenen Blitzschutzverstand von Laien wie auch EFK überlassen, Innenableitung und horizontale Umwege/Schleifen zu vermeiden
Der Anschluss eines zweiten Masten stellt eine wesentliche Änderung dar, wodurch die Erdungsanlage auf aktuellen Normenstand nachgerüstet werden muss, was gewöhnlich neue blitzstromtragfähige Verbinder und HES erfordert. Formal gilt NAV § 13 nur für Installationen, hier also nur für die Erdung und PA für den neuen Mast, gleichwohl sollte man auch einen fälligen Austausch der HES einer Fachkraft überlassen.
Die Firma Kleinhuis war früher ein großer Player auf dem Blitzschutzsektor, hat sich aber aus diesem Bereich weitgehend zurückgezogen.
Die Doppelklemme Kleinhuis 303-2 ist ausschließlich für zwei Rundleiter mit 8-10 mm Durchmesser konzipiert und für 16 mm² Kupferdraht mit 4,5 mm Durchmesser ungeeignet. Außer DEHN geizen alle Hersteller mit Prüfberichten, solche Fix- oder KS-Klemmen genannten Bauteile sind auch für 8 - 10 mm Draht (!) teilweise nur Klasse N = 50 kA zertifiziert.
Wie sehr man bei für Blitzschutzanlagen und Antennenerdungen angebotenen Bauteilen genau hinsehen muss, ergibt sich aus den beiden Folien für sehr ähnlich aussehende Parallelverbinder:
- Erdungsleiter und Verbinder müssen nach IEC 62561-2 bzw. 1 blitzstromtragfähig sein. Ab 3 Ableitungen genügt Klasse N = 50 kA, bei nur einem Erdungsleiter ist stets Klasse H = 100 kA gefordert
- Bewerbung eines Parallelverbinders für Blitzschutzbereich, obwohl kein Test nach der dafür erforderlichen IEC 62561-1 durchgeführt wurde
Rein optisch kann man dem Klauke-Verbinder einiges zutrauen, ohne Prüfzertifikat ist aber auch dieses recht stabil aussehende und einem Zugtest nach nicht zuständiger IEC 61238-1 unterzogene Bauteil für Blitzschutzzwecke nicht normkonform.
Mit Bildern vom Anschluss des Erdungsleiters am Mast und der "nackten" HES ließe sich beurteilen, ob im Bestand ausreichende Blitzstromtragfähigkeit vorliegt.